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Syrien: Führt die Verlegung von US-Luft-Luft-Kampfjets zu einem direkten Aufeinandertreffen von Russland und den USA?Lesezeit: 7 Minuten

Bislang wurde der Krieg in Syrien eher als Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen (vornehmlich den USA) und Russland wahrgenommen. Während Washington durch die Schaffung einer syrischen Opposition seine Vorstellung des Sturzes Assads zu verfolgen suchte, war die Unterstützung Moskaus zuerst defensiv darauf ausgerichtet seine Interessen (hier ist vor allem der Militärhafen Tartus zu nennen) in Syrien gewahrt zu sehen. Dies hat sich zwischenzeitlich durch das aktive Eingreifen Russlands diametral geändert und die USA ins Hintertreffen gelangen lassen.

Doch Washington wäre nicht Washington, wenn es diese neue Situation nicht dazu nützen würde zusätzlich Öl ins Feuer zu giessen.

Öl, das durchaus dazu führen kann, dass aus dem Stellvertreterkrieg ein offener Konflikt zwischen Russland und den USA wird. Etwas, das man in der Ukraine nicht schaffte.

Mehrere Ankündigungen auf beiden Regierungsseiten lassen nur erahnen, in wie weit Washington und Moskau ihre Figuren auf dem “Schachbrett Mittlerer Osten” positioniert haben. Während Russland Kräfte und Material bereits seit Oktober nach Syrien verlegte und dies auch offiziell verlautbaren liess, wird der Einsatz von Spezialkräften (der russischen Spetsnaz) gegen die Terroristen des Islamic State noch bestritten. Ganz im Gegensatz zu Washington, dass unumwunden zugibt mit Spezialeinheiten in Syrien zu agieren. Von der direkten Unterstützung der “oppositionellen, moderaten Kräften” bis hin zu Logistik und Organisation – all das ermöglichte erst in der Vergangheit die militärischen Erfolge gegen die syrische Armee. So wirft Russland den USA via Sputnik vor, dass es mit seinen Spezialkräften nicht nur im Osten Syriens tätig ist, wo der IS das Gebiet kontrolliert, sondern auch im Westen, wo die syrische Regierung die (noch) dominante Kraft ist und wo Russland die meiste Energie beim Kampf gegen die Terroristen einbringt.

US military advisors are alleged to have started training so-called moderate rebels near the city of Salma in the Latakia province in what amounts to breaking a pledge not to put US boots on the ground in Syria, Lebanon’s satellite television channel al-Mayadeen reported, citing an unnamed military source.
(US-Militärberater haben angeblich damit begonnen so genannte moderate Rebellen in der Nähe der Stadt Salma in der Provinz Latakia zu trainieren, was dazu führt, dass das Versprechen “keine US-Kräfte auf dem Boden in Syrien” gebrochen wird. Das berichtete der libanesische Satelliten-TV-Sender al-Mayadeen unter Berufung auf eine ungenannte militärische Quelle.)

Jetzt stellt sich die Frage in wie weit diese Information einer “ungenannten libanesischen Quelle” Glaubwürdigkeit besitzt. Denn glaubt man der Quelle, bedeutet das nichts anderes als dass US-Spezialkräfte sich mitten in den schweren Kämpfen zwischen der syrischen Regierung (aka den russischen Kräften) und den vom Westen unterstützten Terroristen bewegt. Nimmt man noch die von Reuters genannten inzwischen 4.000 russischen Soldaten in Syrien dazu, dann wird die Wahrscheinlichkeit eines Aufeinanderstossens US-amerikanischer und russischer Kräfte immer wahrscheinlicher. Denn was wird passieren, wenn russische Spezialkräfte im Kampf gegen Terroristen auf US-Kräfte treffen, die die Terroristen unterstützen? In wie weit wird dann der Konflikt in Syrien eskalieren? Wie wird eine US-Antwort darauf aussehen?

Bleibt Washington bei seiner Linie den Krieg in Syrien bis zum “gewünschten Ende” – sprich Regime Chance – zu verfolgen, dann ist eine Konfrontation zwischen russischen und US-Kräften unausweichlich, da Moskaus Ziel die Sicherung des Gebiets ist, das unter der Kontrolle von Assad steht.

Ein weiterer möglicher “Eskalationspunkt” ist der Einsatz der Luftwaffe. Während der Westen anscheinend nur Wüstensand und “terroristenfreie Gebiete” bombardiert hat, scheint der Einsatz der russischen Luftwaffe den IS massiv zu treffen, so dass der IS vor großen Schwierigkeiten steht. Bislang sind russische und US-amerikanische Flugzeuge nicht aufeinander getroffen – doch es stellt sich die Frage, wie lange dies noch so sein wird?

Denn verfolgt a) Russland weiter sein Ziel der Bombardierung der Terroristen in Syrien und b) die USA ihres der Schaffung einer “No-Fly-Zone”, muss einer von beiden irgendwann zurückstecken, wenn es zu keinem Aufeinandertreffen kommen soll. Dass Moskau derjenige ist, der einen Schritt zurück geht, erscheint angesichts der “Selbstverteidigungsstrategie”, die man in Moskaus Handeln erkennen kann, mehr als unwahrscheinlich. Auch weil ein Zurückweichen Moskaus als Schwäche seitens des Westen ausgelegt werden würde und zu noch mehr “Angriffen” auf Russland führen würde. Aber auch Washington wird – trotz der Tatsache, dass es die USA sind, die hier als Aggressor auftreten und internationales Recht mit Füssen treten – wohl keinen Schritt weichen, denn Washington ist nur zu bewusst, dass damit ihre Proxies durch Russland von der syrischen Landkarte verschwinden werden und somit ihr Ziel des Regime Change scheitern wird.

F-15 Eagle - Bildquelle: Wikipedia / U.S. Air Force photo/Staff Sgt. Samuel Rogers

F-15 Eagle – Bildquelle: Wikipedia / U.S. Air Force photo/Staff Sgt. Samuel Rogers

Dazu passt auch die Meldung, dass die USA 12 Kampfflugzeuge, die speziell für den Luftkampf ausgestattet sind, in die Türkei verlegen will. Dabei sollte man wissen, dass der IS keine Flugzeuge besitzt. Für wen oder was sollen dann diese Maschinen dienen?

The U.S. Air Force is deploying to Turkey up to a dozen jet fighters specializing in air-to-air combat—apparently to help protect other U.S. and allied jets from Russia’s own warplanes flying over Syria.
Officially, the deployment of F-15C Eagle twin-engine fighters to Incirlik, Turkey—which the Pentagon announced late last week—is meant to “ensure the safety” of America’s NATO allies, Laura Seal, a Defense Department spokesperson, told The Daily Beast.
That could mean that the single-seat F-15s and the eight air-to-air missiles they routinely carry will help the Turkish air force patrol Turkey’s border with Syria, intercepting Syrian planes and helicopters that periodically stray into Turkish territory.
But more likely, the F-15s will be escorting attack planes and bombers as they strike ISIS militants in close proximity to Syrian regime forces and the Russian warplanes that, since early October, have bombed ISIS and U.S.-backed rebels fighting the Syrian troops.
(Die US Air Force verlegt bis zu einem Dutzend Kampfjets in die Türkei, die spezialisiert auf Luft-zu-Luft-Kämpfe sind – offenbar zum Schutz anderer US- und alliierter Jets vor russischen Kampfflugzeugen, die über Syrien fliegen.
Offiziell soll die Bereitstellung der zweistrahligen F-15C Eagle Kampfjets nach Incirlik, Türkei, – die das Pentagon Ende der vergangenen Woche verkündete – für die “Sicherheit” der amerikanischen NATO-Verbündeten dienen, so Laura Seal, eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums gegenüber The Daily Beast.
Das könnte bedeuten, dass die einsitzige F-15 und die acht Luft-zu-Luft-Raketen, die sie routinemäßig mitführen, den Patrouillen der türkischen Luftwaffe an der türkischen Grenze zu Syrien helfen wird, um damit syrische Flugzeuge und Hubschrauber abzufangen, die sich immer wieder auf türkisches Gebiet verirren.
Aber wahrscheinlicher ist, dass die F-15 Kampfflugzeuge und Bomber eskortieren werden, die in unmittelbarer Nähe zu syrischen Regimekräften und russischen Kampfflugzeugen, die seit Anfang Oktober den IS und US-unterstützte Rebellen bombardieren, die gegen syrische Kräfte kämpfen, agieren.)

Oder anders ausgedrückt: Diese Flugzeuge werden wohl eingesetzt werden, um andere Flugzeuge zu bekämpfen, die wiederum gegen den IS kämpfen:

Seal declined to discuss the deployment in detail, but hinted at its true purpose. “I didn’t say it wasn’t about Russia,” she said.
(Seal lehnte es ab, den Einsatz im Detail zu besprechen, aber deutete seinen wahren Zweck an. “Ich würde nicht sagen, es geht nicht um Russland”, sagte sie.)

Dabei muss man sich immer erinnern, dass nur Russland legal in Syrien agiert, da Moskau von der syrischen Regierung gebeten wurde einzugreifen, während die USA als Aggressor auftritt und die Souveränität Syriens, wie auch das internationale Recht, mit den Füssen tritt.

Die Verlegung der 12 Kampfjets wird die Lage in Syrien weiter eskalieren lassen und wird die Welt in eine Position bringen, in der zwei Atommächte mit unterschiedlichen Interessen so nahe bei einander agieren werden, dass ein unbedachter oder auch nur einen Befehl ausführender Pilot oder Soldat die Welt in den Abgrund reissen kann.

Dieser Tatsache sollten wir uns alle bewusst sein.

Quellen:
US/Russia Military Movements Signal War In Syria Soon?
Do Russia/NATO Military Drills Signal Something Ominous?
The Role of NATO and the EU on Brzezinski’s Grand Chessboard
Putin has sent the feared Spetsnaz special forces into Syria to bail out Assad
Can 50 U.S. troops in Syria make a difference?
Questions Linger as US Special Ops Claims Credit for Killing Abu Sayyaf
US Special Forces Allegedly Start Training Rebels in Syria
Russia’s Syria force grows to 4,000, U.S. officials say
As Russia Bombs ISIS, US Bombs Syrian Civilian Power Stations
U.S. Brings Dogfighters to Counter Russians Over Syria

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4 Antworten

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  1. 9. November 2015

    […] Konjunktion • 9. November 2015 • 0 Kommentare •  239 Aufrufe •  Artikel als PDF •  Artikel […]

  2. 11. November 2015

    […] Syrien: Führt die Verlegung von VS-Luft-Luft-Kampfjets zu einem direkten Aufeinandertreffen von Rußland und den VSA? – https://www.konjunktion.info/2015/11/syrien-fuehrt-die-verlegung-von-us-luft-luft-kampfjets-zu-einem-… […]

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