Digitale ID: Der Hebel „Kinderschutz“ und die Altersverifizierung im InternetLesezeit: 5 Minuten

Verifizierung – Bildquelle: Pixabay / geralt; Pixabay License
Heute einmal wieder ein Beitrag aus der Reihe: „Wie sie die Menschen dazu bringen werden die digitale ID zu akzeptieren“ oder „Mit welchen Instrumenten sie die digitale ID begründen werden“:
Das Europäische Parlament unterstützt ein EU-weites digitales Mindestalter von 16 Jahren für den Zugang zu sozialen Medien, Videoplattformen und KI-Lösungen.
Am Mittwoch stimmten die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) für die Annahme eines Arbeitsgruppenberichts, der die Europäische Kommission bei der Einführung von Altersüberprüfungssystemen unterstützt und ein „Verbot der schädlichsten und suchterzeugendsten Praktiken auf Online-Plattformen“ befürwortet.
Zusammen mit der Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) sollen die Maßnahmen „das Schutzniveau für Kinder drastisch erhöhen (dramatically raise the level of protection for children)“, sagt Christel Schaldemose, die dänische Sozialdemokratin, die die Arbeitsgruppe geleitet hat.
„Wir ziehen endlich eine Grenze (We are finally drawing a line)“, sagt Schaldemose.
Wir sagen den Plattformen ganz klar: Eure Dienste sind nicht für Kinder gedacht. Und das Experiment endet hier.
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(We are saying clearly to platforms: your services are not designed for children. And the experiment ends here.)
Die Abgeordneten sprachen sich dafür aus, die Altersüberprüfung über die EU-Altersüberprüfungs-App, die derzeit von Scytales entwickelt wird, und die European Digital Identity (EUDI) Wallet durchzuführen (obwohl die Organisation AVPA argumentiert hat, dass die EUDI Wallet nicht die eigenen doppelblinden Datenschutzanforderungen der EU für die Altersüberprüfung erfüllt).
Die tokenbasierte Plattform zur Altersüberprüfung AgeAware von euCONSENT wurde Anfang dieses Monats in Betrieb genommen. Dieses Projekt brachte ursprünglich europäische Datenschutzbehörden mit den Anbietern von Altersüberprüfungen Yoti, AgeChecked und VerifyMy zusammen.
Der nichtlegislative Bericht fand breite Unterstützung mit 483 Ja-Stimmen, 92 Nein-Stimmen und 86 Enthaltungen.
Der Bericht wurde zuvor bereits von den großen politischen Parteien unterstützt. Ein erheblicher Teil der Gegenstimmen und Enthaltungen stammte von „rechtsgerichteten“ Abgeordneten, die die Altersüberprüfung grundsätzlich befürworten, aber der Meinung sind, dass solche Maßnahmen von den einzelnen Staaten und nicht auf einer übergeordneten Ebene festgelegt werden sollten, und die gleichzeitig Bedenken hinsichtlich einer möglichen Überwachung und Einschränkung der Meinungsfreiheit äußerten.
Datenschutzorientierte Altersüberprüfung
Während der Abstimmung forderten die Abgeordneten, dass die Altersüberprüfung genau sein und die Privatsphäre von Minderjährigen schützen muss.
Gemäß der DSA sind Online-Plattformen, die für Minderjährige zugänglich sind, verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz für Minderjährige gewährleisten. Die Leitlinien der Kommission empfehlen einen risikobasierten Ansatz: So müssten beispielsweise Plattformen mit hohem Risiko „genaue, robuste und die Privatsphäre schützende (accurate, robust and privacy-preserving)“ Mechanismen zur Altersüberprüfung einführen.
Führungskräfte könnten bei schwerwiegenden und anhaltenden Verstößen persönlich haftbar gemacht werden, insbesondere wenn es um die Altersüberprüfung geht. Darüber hinaus würde die Einführung eines Altersüberprüfungssystems eine Plattform nicht von ihrer Verantwortung entbinden, sicherzustellen, dass ihre Produkte sicher und altersgerecht sind.
Der Bericht stellt fest, dass die EU derzeit einen fragmentierten Ansatz zur Altersüberprüfung verfolgt. Einige Mitgliedstaaten haben fortschrittliche Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger umgesetzt, während andere hinterherhinken. Eine Lösung auf EU-Ebene sollte diskutiert werden, wobei jedoch kulturelle Normen, gesellschaftliche Werte und die Sensibilität der Öffentlichkeit in Bezug auf Instrumente zur Altersüberprüfung berücksichtigt werden müssen.
Das Parlament forderte auch andere Maßnahmen zum Schutz von Kindern im Internet, darunter die „Deaktivierung süchtig machender Funktionen“, das „Verbot von engagementbasierten Empfehlungssystemen“ und die „Bekämpfung gezielter Werbung und Influencer-Marketing“. Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um dem Aufstieg generativer KI-Tools wie Deepfakes, Begleit-Chatbots, KI-Agenten und KI-gestützten Nudify-Apps entgegenzuwirken, so die Abgeordneten.
Der Bericht zitiert eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments (EPRS) zur Internetabhängigkeit von Minderjährigen. Die Abgeordneten hoben außerdem hervor, dass laut Eurobarometer 2025 mehr als 90 Prozent der Europäer die Einführung von Maßnahmen zur Altersüberprüfung zur Einschränkung altersunangemessener Inhalte für dringend erforderlich halten.
Conclusio
Einmal mehr soll über den Hebel des angeblichen „Kinderschutzes“ ein Werkzeug eingeführt werden, dass unsere Demokratie, Meinungsfreiheit und Recht auf Anonymität angreift. Denn eine solche Altersverifizierung wird logischerweise auf alle Internetnutzer ausgeweitet werden müssen – soll sie denn effektiv sein. Und dass das Instrument dafür die digitale ID in Form der European Digital Identity (EUDI) ist, kann jeder selbst nachlesen.
Leider verstehen 99% der Menschen nicht einmal im Ansatz, was dies bedeutet bzw. was die digitale ID für Konsequenzen mit sich bringen wird. Stattdessen fallen sie erneut auf die gesteuerte und gewollte Spaltung der Gesellschaft zur Ablenkung von den wichtigen Themen herein. Aktuell wieder wunderbar am Beispiel Boomer vs. Generation Z aufgeführt.
Letztlich sehen wir damit nur die Umsetzung in digitaler Form von „Ihre Papiere, bitte!“
Quellen:
EU Age Verification app integrity checks won’t depend on Google, Apple: Scytales
The EUDI Wallet was not meant for age assurance: AVPA
Double blind age assurance requirement for porn sites takes effect in France
AgeAware goes live, setting up faceoff between reusable age check systems
euCONSENT’s tokenized age verification set for PoC at upcoming age assurance summit
REPORT on the protection of minors online (2025/2060(INI))
New proposal pushes EU-wide digital minimum age of 16 for social media
Calls for chatbot age assurance increase as allegations of self-harm, psychosis grow
Nudify apps face the wrath of online safety regulators as enforcement ramps up
Harmful internet use – Part I: Internet addiction and problematic use
The Digital Decade 2025
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