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Schweizer Franken und Gasdrosselung: Anpfiff zur 2. Verlängerung des EndspielsLesezeit: 6 Minuten

Als ich vor wenigen Tagen in meinem Artikel 2015: Das Jahr der Entscheidung davon sprach, dass 2015 ein Jahr der Umwälzungen werden wird, dachte ich nicht, dass es so schnell gehen würde bis der erste Einschlag kommt. Und dann zudem aus einer Richtung aus der man einen solchen nicht unbedingt erwarten musste.

Ich spreche von der Aufhebung der Bindung des Schweizer Frankens mit 1,20 zum Euro, die gestern seitens der Schweizer Nationalbank SNB beschlossen wurde. Dieser logische und nachvollziehbare Schritt aus Sicht der SNB – am Folgetag der EuGH-Entscheidung über den legalen Ankauf von Staatsanleihen kriselnder Euroländer via OMT-(Outright Monetary Transaction)-Programm –, brügelte innerhalb weniger Stunden den Wert des Euros um 30% nach unten.

Insider sprechen davon, dass allein gestern 100 Milliarden Schweizer Franken pulverisiert wurden, da viele Firmen – im Vertrauen auf die bestehende Euro/CHF-Bindung – keine Absicherung ihrer CHF-Geschäfte vorgenommen haben. Und damit sind wir auch schon bei den eigentlichen Konsequenzen für alle Volkswirtschaften weltweit. Nimmt man allein die auf Schweizer Franken laufenden, ehemals sehr zinsgünstigen Kredit für andere Eurostaaten her, so wird die dauerhaft zu erwartende Euroschwäche gegenüber dem CHF die Kreditnehmer in die Pleite treiben. So sind allein 40% der polnischen Immobilienkredite (700.000 Haushalte, im Gegenwert von aktuell 31 Milliarden Euro) in Schweizer Franken verschuldet und wie die nachfolgende Grafik gut verdeutlicht, steht insbesondere Östereich bzw. deren Kreditnehmer vor massiven Problemen:

Schweizer Franken-Kredite - Bildquelle: www.nzz.at

Schweizer Franken-Kredite – Bildquelle: www.nzz.at

Doch nicht allein die Ausfälle dieser Kreditnehmer wird die Volkswirtschaften treffen. Zudem wird die “fehlende Stützung des Euros durch die SNB” Widerhall in einem noch schwächeren Kurs zum US-Dollar finden – etwas das gerade für Deutschland als “Exportweltmeister” oder besser “Warenverschenker für Mau” Auswirkungen haben wird, die man nicht unterschätzen sollte. Auch darf man das Euro-Ankaufvolumen der SNB der letzten drei Jahre von etwa 500 Milliarden Euro nicht außer acht lassen. Wer soll zukünftig dieses Volumen (800 Milliarden via Draghi’s OMT-Programm) aufkaufen? Wer soll den Nachschuldner spielen? Dieses dringend benötigte scheue Reh, damit das System weiterhin bestehen kann?

Spötter sprechen gar vom ersten Austritt aus dem Euro – quasi einem Schexit

Eine weitere Lunte ist die geplante Drosselung der russischen Gasversorgung Europas durch das Transitland Ukraine. Sechs Länder haben laut Zero Hedge von einem kompletten Abdrehen der russisches Gasversorgung gesprochen. Bislang scheint das Thema bei den deutschen MSM noch nicht angekommen zu sein. Deswegen hier ein kurzer Ausschnitt aus einem Bericht von Bloomberg:

Russia plans to shift all its natural gas flows crossing Ukraine to a route via Turkey, a surprise move that the European Union’s energy chief said would hurt its reputation as a supplier.
The decision makes no economic sense, Maros Sefcovic, the European Commission’s vice president for energy union, told reporters today after talks with Russian government officials and the head of gas exporter, OAO Gazprom, in Moscow.
Gazprom, the world’s biggest natural gas supplier, plans to send 63 billion cubic meters through a proposed link under the Black Sea to Turkey, fully replacing shipments via Ukraine, Chief Executive Officer Alexey Miller said during the discussions. About 40 percent of Russia’s gas exports to Europe and Turkey travel through Ukraine’s Soviet-era network.
(Russland plant seine bisher über die Ukraine erfolgte Gasversorgung zukünftig vollständig über die Türkei abzuwickeln, ein überraschender Schritt, der laut dem Energiekommissar der Europäischen Union den Ruf [Russlands] als zuverlässiger Lieferant Schaden zufügen wird.
Die Entscheidung macht aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn, so heute Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Europäischen Kommission für Energiefragen nach Gesprächen mit russischen Regierungsvertretern und der Führungsspitze des Gasexporteurs OAO Gazprom in Moskau.
Gazprom, der weltweit größte Erdgaslieferant, plant 63 Milliarden Kubikmeter durch eine beabsichtigte Verbindung unter dem Schwarzen Meer in die Türkei zu pumpen und damit die Lieferungen über die Ukraine vollständig zu ersetzen, sagte der Vorstandsvorsitzende Alexej Miller bei den Gesprächen. Über 40 Prozent der russischen Gasexporte nach Europa und in die Türkei erfolgen durch ukrainische Gaspipelinesysteme aus der Sowjetzeit.)

Diese Aussage Millers muss man als eine Art Drohung verstehen, da die entsprechende Transitpipeline derzeit unter Hochdruck gebaut wird und in ca. eineinhalb Jahren betriebsbereit sein soll.

Man darf gespannt sein, wie die EU auf diese Pläne reagieren wird – gerade nach dem Stopp der Southstream-Pipeline, der bewusst durch die EU und USA herbei geführt worden war, und der neuen Gazprom-Strategie, die besagt, dass

Der Konzern Gazprom […] mit seiner Gaspipeline in die Türkei dafür sorgen [will], dass es nach 2018 keinen Gastransit mehr nach Europa über die Ukraine gibt. Die neue Gazprom-Strategie in Europa geht von den EU-Plänen aus, ein Energiebündnis zu bilden, das eine Zentralisierung der Gaskäufe bei Russland vorsieht, so Gazprom-Chef Alexej Miller am Mittwoch. Nun will Gazprom neue Gaspipelines für die EU nur bis zu den EU-Grenzen bauen.

Focus News-Ticker Ukraine - Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.focus.de

Focus News-Ticker Ukraine – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.focus.de

Update (Samstag, 17. Januar 2015):

Der Ablauf der Ereignisse am vergangenen Mittwoch bzw. Donnerstag ist schon entlarvend:

  1. Mittwoch, 14. Januar 2015, 08:33 Uhr: Russland gibt bekannt, dass die Ukraine nur noch gegen Vorkasse beliefert wird.
  2. Mittwoch, 14. Januar 2015, 10:37 Uhr: EU-Kommissar Öttinger gibt das Scheitern der Kompromiss-Bemühungen bekannt.
  3. Mittwoch, 14. Januar 2015, abends: Merkel, Schäuble und Draghi treffen sich zu Gesprächen in Berlin.
  4. Donnerstag, 15. Januar, 11:00 Uhr: Freigabe des CHF gegenüber dem Euro durch die SNB.
  5. Donnerstag, 15. Januar, 11:25 Uhr: Ukraine gibt bekannt, dass kein Gas mehr ankommt.

Quellen zum Ursprungsbericht:
Live-Blog FAZ – Keine Euro-Noten mehr bei der Schweizer Post
Ankauf von Staatsanleihen: EZB erringt Punktsieg vor EuGH
“It’s Carnage” – Swiss Franc Soars Most Ever After SNB Abandons EURCHF Floor; Macro Hedge Funds Crushed
Russia Cuts Off Ukraine Gas Supply To 6 European Countries
Russia to Shift Ukraine Gas Transit to Turkey as EU Cries Foul
“Газпром” перекроет идущий в Европу через Украину газ
Naja… aber irgendwie… Hmmm… (Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird —> es geht um 2018)
Pipeline Türkischer Strom soll Risiken bei Gasversorgung der EU beseitigen

Quellen zum Update:
Focus – Ukraine im News-Ticker
Magazin: EZB-Aufkaufprogramm für Staatsanleihen nimmt Gestalt an
Ukraine droht Stopp der Gaslieferungen


An dieser Stelle sei nochmals auf die neue Rubrik Adjunktion – Gemeinsam hinterfragen hingewiesen.
Mein Hintergedanke zu dieser Rubrik ist der, dass ich gerne euch als Leser mehr in die Themen, die auf www.konjunktion.info behandelt werden, einbinden möchte. Dazu könnt ihr auf verschiedenen Wegen (Text, Bild, Audio, Video) Anregungen, Anmerkungen und Fragen zu bereits behandelten Themen oder komplett neuen Sachverhalten stellen. Diese werde ich dann entweder als Einzelartikel versuchen zu beantworten oder in Form einer Gemeinsamschaftsarbeit über die Kommentarfunktion des Artikels durch die Leser “erarbeiten” lassen – ganz nach dem klassischen Gedanken der Schwarmintelligenz.

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