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Ukraine: Könnte Kiew mit Hilfe der NATO Russland angreifen?Lesezeit: 5 Minuten

Ein konventioneller Angriff der NATO auf Russland ist aufgrund der Geographie, der zu hohen Anforderungen an Material und Soldaten, wie auch politisch, fast unmöglich. Auch ein Angriff mit Nukearwaffen – unabhängig ob taktisch oder strategisch impliziert – würde keinen Erfolg bringen. Doch es gibt seit Kurzem eine neue Theorie, was ein mögliches militärisches Eingreifen in der Ukraine anbelangt: Die Ukraine wird durch die finanzielle und technische Hilfe USraels und Europas wiederbewaffnet und reorganisiert, um danach die Krim anzugreifen. Möglicherweise mit der Luftunterstützung der NATO. Doch genauso wie die anderen Theorien ist auch diese unlogisch, was im folgenden erörtert wird:

Zuerst und als wichtigster Punkt aus einer militärischer Sicht heraus kann es keinen “Angriff auf die Krim” geben ohne dass gleichzeitig auch ein Angriff auf Russland selbst erfolgt. Die Krim ist keine Insel irgendwo im Nirgendwo und sie wird bald in das russische Luftabwehrsystem integriert sein. Zweitens ist die Halbinsel extrem schwer anzugreifen, wie bereits die Briten und die Deutschen erfahren mussten. Egal, wie man auch so ein Paket schnüren will, aus einem rein militärischen Blickwinkel betrachtet, muss ein erfolgreicher Angriff gegen die Krim auch einen Angriff gegen Ganzrussland beinhalten.

Und um die Lufthoheit der NATO zu relativieren: Nicht nur dass diese in Bosnien komplett versagt hat, besitzt sie auch nicht die Kapazitäten um Syrien anzugreifen oder gar den Iran. Die US Air Force fliegt entweder sehr gute alte Maschinen oder sehr schlechte neue Flugzeuge, deren Ausfallrate bei einer Auseinandersetzung mit den russischen Luftstreitkräften und der russischen Luftverteidigung, besonders im Gebiet der Krim, enorm sein würde. Ein fast wehrloses Serbien für 78 Tage zu bombardieren, ist eine Sache, aber die Krim und Russland zielgerichtet zu bombardieren ist eine ganz andere Herausforderung. Genauso wie für Bodentruppen der USA/NATO ist es bereits ein Problem in die Nähe der Krim zu gelangen. Was uns direkt zur US Navy führt.

Im Gegensatz zur US Army und der US Air Force ist die Navy in viel besserem Zustand und viel besser ausgerüstet als die russische. Aber um an einem Angriff auf die Krim sinnvoll teilnehmen zu können, müsste sie aus dem Mittelmeerraum agieren, da die Einfahrt ins Schwarze Meer nicht nur selbstmörderisch wäre, sondern für US-Flugzeugträger gar unmöglich ist (vom kompletten Gegensatz der US-Doktrion einmal abgesehen). In der Realität könnte die US Navy Russland weit schmerzhaftere und verheerendere Schäden zufügen, wenn sie aus dem Pazifikraum angreift oder von der Kola Halbinsel und sogar aus der Baltischen See.

Das wiederum führt zu einem “hypothetischen, zukünftigen, ukrainischen Militär” (das derzeit bestehende ist nicht in der Lage Slawjansk oder Kramatorsk einzunehmen). Man kann darüber spekulieren wie man will, wie sehr eine solche zukünftige Militäreinheit motiviert wäre, doch scheint es schwer vorstellbar zu sein, dass ein ukrainischer Soldat motiviert in einen Krieg gegen Russland – auch nicht für die Krim – ziehen würde. Doch selbst wenn wir von einer großen Motivation ausgehen, ist das Maximum, das die Ukraine in den nächsten 10 Jahren erreichen kann, soviele Männer wie möglich zu bewaffnen und seinen Bestand an veraltetem Kriegsgerät, um moderne Elektronikkomponenten, Kommunikationsausrüstungen, Zielsystemen, usw. erweitert, auszubauen. Doch selbst dieses verhältnismässig modernisiertes ukrainisches Militär müsste sich mit den gleichen Problemen auseinander setzen, die bereits die Schweden, die Eroberer, Napoleon und Hitler, schlugen: Nein, damit ist nicht “General Winter” gemeint, sondern die strategische Tiefe Russlands. Um dazu ein Beispiel zu geben:

Su-34-Bomber - Bildquelle: Wikipedia / Yevgeny Pashnin

Su-34-Bomber – Bildquelle: Wikipedia / Yevgeny Pashnin

Eine der besten Waffen im russischen Militärarsenal ist der neue Su-34-Bomber, dessen Einsatzradius etwas mehr als 1.000 km beträgt, aber mit zwei Luftbetankungen bereits 6.000 km geflogen ist. Bei Kampfhandlungen könnten solche Su-34-Bomber von modernen Su-35, die eine ähnliche Reichweite haben, beschützt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass die russische Luftwaffe praktisch von jedem Ort westlich des Urals die Ukraine angreifen kann. Gleichzeitig besitzt Russland 28 AWAC-Flugzeuge, während die Ukraine keine einzige Maschine hat. Dies ist nur ein kleines Beispiel, aber es verdeutlicht die unterschiedliche Bedeutung der startegischen Tiefe in der modernen Kriegsführung.

Das ukrainische Militär, selbst mit finanzieller und technischer Unterstützung des Westens, und motivierten Soldaten, hat einfach keine reelle Chance die Krim einzunehmen oder in einem Konflikt mit Russland die Oberhand zu behalten.

Das einzige echte Risiko ist daher, dass USrael seine Erfüllungsgehilfen in Kiew (egal ob Poroschenko oder jemand anderes) auffordert einen Konflikt mit Russland zu provozieren. Nicht mit dem Ziel zu gewinnen, sondern mit dem Ziel eine Krise zu kreieren, die Russland zwingt seine Militärmacht einzusetzen. Die Ukraine wird immer genug Militärmacht besitzen, um die Krim anzugreifen und dabei viele Menschen töten. Doch der Angriff wird fehlschlagen und eine Krise auslösen.

Was auch immer der Fall sein wird, das russische Militär hat bereits große Anstrengungen bekannt gegeben, um die Verteidigungsfähigkeit der Halbinsel Krim und rund um das Schwarzen Meer zu stärken (inklusive neuer Bomber, U-Boote, Flugabwehrsysteme, Marineinfanterie, usw.). In der Tat deuten alle Zeichen darauf hin, dass Russland die Krim zum Knotenpunkt ihrer gesamten südwestlichen Verteidigungshaltung machen wird.

Wie dem auch sei. Solche Theorien sind immer gut für ein paar Schlagzeilen, doch ein Angriff auf Russland, von wem auch immer, ist mehr als unwahrscheinlich und es ist wenig hilfreich zu viel Zeit auf solche weit hergeholten Möglichkeiten zu verschwenden. Sinnlose Terroranschläge und ein Umsturz durch die Midnerheit der Krimtataren sind die  weit wahrscheinlicheren Bedrohungen als die eines konventionellen militärischen Angriffs.

(Teil-/Übersetzung des Artikels Could the Ukraine, backed by NATO, attack Russia? von The Vineyard of the Saker)

Quelle:
Could the Ukraine, backed by NATO, attack Russia?

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7 Antworten

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  1. 30. Juni 2014

    […] Ukraine: Könnte Kiew mit Hilfe der NATO Russland angreifen? […]

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