

Technologie – Bildquelle: Pixabay / TheDigitalArtist; Pixabay License
Das sogenannte „Gov Corp-Konzept“, das unter anderem Iain Davis beschreibt, ist eine neue Form der Regierungsführung, bei der ein Staat oder eine Regierung ihr eigenes Territorium, die Bevölkerung und die Verwaltung ausdrücklich nach Managementprinzipien großer Konzerne steuert. Im Kern wird der Staat wie ein global operierender Konzern geführt: Politische Prozesse, Verwaltung und öffentliche Dienstleistungen werden technokratisch, nach Effizienzkriterien und oft in enger Kooperation mit privatwirtschaftlichen Großakteuren organisiert.
Die Kernelemente des „Gov-Corp-Konzepts“ sind dabei:
Laut Davis spiegelt das Modell eine technokratische Vision wider, die bereits im 20. Jahrhundert (z.B. Technokratie, Taylorismus, Sozialkreditprogramme) diskutiert wurde. In aktuellen Debatten (z.B. Blaupausen für Verwaltungseffizienz, universelles Grundeinkommen, Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen) erkennt er eine schleichende Entwicklung hin zu einem System, in dem demokratische Prozesse zunehmend durch technokratische Managementmethoden ersetzt werden – ein Übergang zur „Regierungskorporation“ (Gov Corp).
Gov Corp ist aus meiner Sicht nicht nur in den ersten Stufen der Entstehung, sondern bereits weit über die Konzeptionierung hinaus. Unternehmen wie Palantir, OpenAI, Gesetze wie der DSA und die Machtkumulation im Tech-Bereich belegen dies. Wir sehen nicht nur täglich einen zunehmend stattfindenden Demokratieabbau (demokratische Kontrollmechanismen und individuelle Mitbestimmungsrechte erodieren weitgehend), sondern auch eine sich verstärkende Ungleichheit und die ausufernde soziale Kontrolle – aka die enge Verflechtung von Konzerninteressen und Regierungsarbeit fördert soziale Ungleichheit und Überwachung.
Zudem ist Teil der Gov Corp eine multipolare oder neue Weltordnung: Davis ordnet diese Entwicklung in den Kontext globaler Machtverschiebungen (z.B. multipolare Weltordnung) und sieht führende Personen aus Wirtschaft und Politik als Akteure dieses Prozesses.
Das „Gov Corp-Konzept“ steht für einen Staat, der wie ein profitmaximierendes Unternehmen agiert, von Experten statt von Volksvertretern geführt wird und in enger Allianz mit der Privatwirtschaft handelt. Demokratie und Gemeinwohl geraten so zunehmend ins Hintertreffen – mit weitreichenden Folgen für Rechte, Teilhabe und gesellschaftliches Gefüge. Es ist daher kein Wunder, dass das Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, das wiederum dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unterstellt ist, bereits im Jahr 2017 die Smart City Charta veröffentlichte, in dem unter anderem von einer „Post-voting Society“ gesprochen wurde:
Post-voting Society – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt PDF
In diesem Papier wird die Relevanz von Wahlen infrage gestellt , da im digitalen Zeitalter – unter dem Eindruck von Big Data, Künstlicher Intelligenz und algorithmischer Politikberatung – die gesellschaftliche und politische Bedeutung von Wahlen abnehme. Aber wem gehören diese Unternehmen, die mittels Big Data, Künstlicher Intelligenz und algorithmischer Politikberatung, die
betreiben?
Das Papier skizziert diese Entwicklung zwar bewusst als Zukunftsdenkmodell – aber es verwendet dabei eine Sprache, die realpolitische Implikationen andeutet, etwa wenn es heißt:
… politische Entscheidungen [könnten] nicht mehr durch periodische Abstimmungen, sondern permanente Datenanalysen […] getroffen werden.
Diese Formulierung ist mehr als provokant. Gerade weil sie nahelegt, dass KI-gestützte Systeme vielleicht präziser und besser erkennen könnten, was die Gesellschaft will, als die Gesellschaft selbst.
Eine „Post-voting Society“ ist auch mit dem angesprochenen „Gov Corp“-Modell von Iain Davis verknüpfbar. Denn beide Konzepte gehen davon aus, dass KI-gestützte Systeme Verwaltung und Gesellschaft effizienter „steuern“ können als klassische demokratische Verfahren. In beiden Modellen wird die Rolle des einzelnen Bürgers zunehmend durch datenbasierte Systeme ersetzt oder überformt, wodurch die reale politische Mitbestimmung abnimmt, obwohl sie formell erhalten bleiben kann. Daraus ergibt sich eine technokratisch legitimierte Governance, in der das „richtige“ Handeln nicht durch Abstimmung, sondern durch algorithmisch-trainierte Optimallösungen ermittelt wird.
Letztlich sind Palantir und Co. genau jene Treiber dieser Entwicklungen, während Musk, Thiel usw. nur die uns dargebotenen Frontdarsteller sind, an denen wir uns abarbeiten dürfen. Die auf uns zukommenden Strukturen werden gerade jetzt erschaffen/geschaffen. Und Papiere wie das obige sind die entsprechenden gesetzlichen, behördlichen, usw. Vorgriffe darauf, die seit Jahren im Hintergrund „eingearbeitet“ werden.
Quellen:
Das dunkle MAGA-Technat der Regierungskorporation, Teil 1 – Iain Davis
Tech-Faschismus als neue Herrschaftsform
Gesellschaft: Das tyrannische ultimative KI-Regierungssystem
Smart City Charta – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten PDF
Ideologie der Zeitenwende
Tony Gosling and Iain Davis Discuss the Dark MAGA Gov-Corp Technate
The Dark MAGA Gov-Corp Technate — Part 1