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Technopopulismus: Das Trojanische Pferd, dass die Freiheitsbewegung gekapert hat

Trojanische Pferd - Bildquelle: Pixabay / Yeganekaya; Pixabay LicenseTrojanische Pferd - Bildquelle: Pixabay / Yeganekaya; Pixabay License

Trojanische Pferd – Bildquelle: Pixabay / Yeganekaya; Pixabay License

Allem Anschein nach erlebt der klassische Populismus weltweit eine Renaissance, von den ländlichen Gebieten bis hin zu digitalen Räumen und politischen Kundgebungen. Es ist eine Bewegung, die behauptet, die Nationen aus den Klauen korrupter Eliten, transnationaler Bürokratien und zerfallender liberaler Demokratien zurückzuerobern. Doch bei näherem Hinsehen ändert sich das Bild, verzehrt es sich gar.

Was sich als Rebellion des Volkes präsentiert, wird oft von Figuren (Trump, Musk, Thiel, etc.) und Ideologien angetrieben, die die Grundlagen des populistischen Denkens verachten: individuelle Freiheit, lokale Selbstverwaltung, Rechtsstaatlichkeit und verfassungsmäßige Beschränkung.

Die ideologische Kraft, die hinter diesem Taschenspielertrick steckt, ist der Technopopulismus – eine Mutation des traditionellen Populismus, der im philosophischen Motor der finsteren Aufklärung ausgebrütet wurde, wo Denker wie Curtis Yarvin (auch bekannt als Mencius Moldbug) die Demokratie nicht als Schutz der Freiheit, sondern als gescheitertes Experiment betrachten, das durch algorithmische Steuerung und exekutive Herrschaft ersetzt werden muss.

In diesem verzerrten Spiegel sind Populisten nicht mehr die Verfechter der Freiheit – sie sind Fußsoldaten einer neuen, datengesteuerten herrschenden Klasse.

Der Köder: Populistische Sprache, libertäre Ästhetik

Der Technopopulismus entstand in den Korridoren des Silicon Valley und in NRx-Blogs, aber er fand ein globales Publikum, indem er die Sprache des Populismus als Waffe einsetzte: elitenfeindliche Rhetorik, Aufrufe zur Wiederherstellung von „Ordnung“ und „Kompetenz“ und das Feiern von „freien Märkten“ und „freier Rede“.

Figuren wie Peter Thiel, Elon Musk und Balaji Srinivasan tragen den Mantel des Populismus, während sie Visionen vorschlagen, in denen Freiheit als Unterwerfung unter optimierte Systeme neu definiert wird, in denen Code und Algorithmen zum Gesetz werden und in denen die traditionelle politische Autorität durch die Souveränität von Tech-Stacks ersetzt wird.

Yarvin prangert die Demokratie ausdrücklich an und fordert einen Monarchen, der wie ein Firmenchef agiert. Thiel hat die „Schönheit“ eines postdemokratischen Singapur gepriesen. Srinivasan stellt sich vor, die Nationalstaaten durch „Netzwerkstaaten“ zu ersetzen, die von digitalen Plattformen und biometrischen Zugangsschlüsseln gesteuert werden.

Der Wechsel: Von der Freiheit zur Ordnung

Der traditionelle Populismus – ob US-amerikanisch, ungarisch oder deutsch – beruht auf der Souveränität des Volkes, die durch eine begrenzte Regierung, unveräußerliche Rechte und Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird. Er widersetzt sich zentraler Kontrolle.

Doch der Technopopulismus kehrt das Drehbuch um. Souveränität ist ineffizient. Rechte sind flexibel. Rechtsstaatlichkeit ist optional – wenn die Algorithmen besser funktionieren.

Technopopulisten versprechen ein „neues goldenes Zeitalter“, aber nur, wenn wir die alte Architektur der Freiheit aufgeben. Sie bezeichnen autokratisches Regieren als eine Eigenschaft, nicht als Fehler – solange es „effizient“ und „technologisch ausgefeilt“ ist. Und genau aus diesem Grund durften Einrichtungen wie USAid „sterben“. Sie werden schlichtweg nicht mehr gebraucht, wie ich in mehreren Artikeln en detail ausgeführt habe.

Dies ist keine Wiederherstellung der Freiheit. Es ist der sanfte Putsch der digitalen Elite, getarnt als Rebellion.

Netzstaaten: Die technokratischen Utopien

Nirgendwo wird die Täuschung deutlicher als im Aufstieg der so genannten „Netzwerkstaaten“.

Bei diesen von Balaji Srinivasan geförderten und von Thiels Kapital finanzierten digitalen Startup-Gesellschaften geht es darum, politische Anerkennung zu erlangen und traditionelle Regierungen zu ersetzen. Bei Projekten wie Próspera (Honduras) und Praxis handelt es sich nicht um von Bürgern geführte Bewegungen, sondern um Risikokapital-Experimente, bei denen nicht gewählte Gründer die Regierungsführung von oben nach unten gestalten, mit anderen Worten: eine Technokratie.

Diese Einrichtungen versprechen Freiheit von Bürokratie. In Wirklichkeit bieten sie private Souveränität, die von rechenschaftspflichtigen, erztechnokratischen Milliardären beherrscht wird, die wenig Rücksicht auf die Gemeinschaften nehmen, die sie verdrängen.

Die Parallele zwischen Globalisten und Globalisierungsgegnern

Während Populisten den Untergang der „liberalen Ordnung“ bejubeln, machen sie sich unwissentlich ein technokratisches Spiegelbild des Systems zu eigen, das sie ablehnen.

Sowohl globale Technokraten (UN, WEF, EU) als auch antiglobalistische Technopopulisten (Thiel-Netzwerk, Dark Enlightenment usw.) glauben:

  • Die Zukunft gehört den digitalen Systemen.
  • Die konstitutionelle Demokratie ist überholt.
  • Die Effizienz überwiegt die Rechte.
  • Governance sollte optimiert werden, nicht debattiert.

In beiden Visionen verliert der einfache Mensch. Ihm wird zwar gesagt, dass er ein Mitspracherecht hat, aber in der Praxis wird sein Verhalten durch intelligente Stromnetze, CO2-Guthaben oder Blockchain-Souveränität gesteuert. Ob man es nun „nachhaltige Entwicklung“ oder „Startup-Bürgerschaft“ nennt, der Effekt ist derselbe: technokratische Kontrolle, getarnt als Ermächtigung.

Die Ironie des „Freedom Stack“

In der Softwareentwicklung bezieht sich der Begriff „Full Stack“ auf die kundenorientierte Anwendung und die Back-End-Datenbankkonfiguration und -verarbeitung. Die Verwendung des Begriffs „Freedom Stack“ ist angemessen, nur ist es in Wirklichkeit ein „Slavery Stack“.

Die vielleicht tragischste Ironie ist, dass viele freiheitsliebende Bürger dazu verleitet wurden, sich ihre eigenen Ketten anzulegen. Die Unterstützer erkennen nicht, dass sie dazu beitragen, ein durchgehendes Überwachungssystem durch ein anderes zu ersetzen, indem sie den staatlichen Übergriff gegen die Allwissenheit der Technokraten eintauschen.

Der Technopopulismus stellt Konformität als Freiheit dar: „Du bist frei… solange du den Algorithmus nicht auslöst.“

Schlussfolgerung: Die Rebellion, die keine war

Die Idee des Dark Enlightenments (von Thiel und Co.) hat nicht nur die Demokratie kritisiert. Sie hat die bürgerliche Energie gekapert und in ein Projekt umgelenkt, das zwar die populistische Ästhetik beibehält, aber technokratisches Regieren implementiert.

Das Ergebnis ist eine ausgehöhlte Widerstandsbewegung, die mit der Fahne der Freiheit wedelt, während sie in eine hyperdigitalisierte, von Unternehmen regierte Zukunft marschiert.

Die Populisten erobern die Republik nicht zurück – sie gebären ihren Ersatz. Und solange diese Täuschung nicht aufgedeckt wird, wird die Technokratie unangefochten aufsteigen und genau die Kleider der Freiheit tragen, die sie zu zerstören sucht.

Quelle:
Technopopulism’s Trojan Horse: How the Dark Enlightenment Hijacked the Populist Movement

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