Finanzsystem: 65 Billionen ungedeckte Derivate

Börsenchart - Bildquelle: Pixabay / PIX1861; Pixabay LicenseBörsenchart - Bildquelle: Pixabay / PIX1861; Pixabay License

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Viele Systemkritiker haben in den letzten Tagen gebannt auf den Zusammenbruch der Kryptobörse FTX geblickt und viele bewerten diesen Zusammenbruch als Crescendo des Zusammenbruchs des bisherigen globalen Finanzsystems.

Die meisten Menschen gehen davon aus, dass das Gesamtsystem von rationalen Menschen verwaltet wird, die sich rational verhalten, die rationale Entscheidungen treffen. Natürlich haben zahllose Investoren das Gleiche bzgl. FTX angenommen – ohne sich dessen bewusst zu sein, bewusst zu werden, dass das globale Finanzsystem zum größten Casino der Weltgeschichte geworden ist, in dem nur ein kleine Minderheit die Gewinne erhält, während das Gros die Party bezahlen darf. Es ist letztlich zu einem kolossalen Schneeballsystem verkommen, in dem uns die Behörden hin und wieder einen kleinen Einblick in das, was wirklich hinter dem Vorhang vor sich geht, gewähren.

So veröffentlichte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) diese Woche einen Bericht, in dem davor gewarnt wird, dass 65 Billionen US-Dollar an “versteckten (hidden)” Währungsderivaten eine große Gefahr für die Stabilität des gesamten Systems darstellen könnten:

Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich besteht ein verstecktes Risiko für das globale Finanzsystem in den 65 Billionen Dollar an Schulden, die von Nicht-US-Institutionen über Währungsderivate gehalten werden.

In einem Papier mit dem Titel “huge, missing and growing” (riesig, verschwunden und wachsend) erklärte die BIZ, dass ein Mangel an Informationen es den politischen Entscheidungsträgern erschwert, die nächste Finanzkrise vorherzusehen. Die BIZ zeigte sich insbesondere besorgt über die Tatsache, dass die Schulden in den Bilanzen aufgrund von Buchhaltungskonventionen zur Erfassung von Derivatpositionen nicht erfasst werden.

(There’s a hidden risk to the global financial system embedded in the $65 trillion of dollar debt being held by non-US institutions via currency derivatives, according to the Bank for International Settlements.

In a paper with the title “huge, missing and growing,” the BIS said a lack of information is making it harder for policy makers to anticipate the next financial crisis. In particular, they raised concern with the fact that the debt is going unrecorded on balance sheets because of accounting conventions on how to track derivative positions.)

Wobei natürlich anzumerken ist, dass ganz gezielt und bewusst diese Möglichkeiten durch das System selbst erst erschaffen wurden.

Im vergangenen Jahr betrug der Gesamtwert aller auf der ganzen Welt produzierten Waren und Dienstleistungen gerade einmal 96 Billionen US-Dollar. Eine Geldmenge, die für den Einzelnen schlichtweg unvorstellbar ist.

Da das System die finanziellen Rahmenbedingungen bis zur Krise 2008 relativ stabil halten konnte, schien für die Menschen alles in Ordnung zu sein. Seitdem wurden Billionen an billigen Geldern ins System gepumpt, um das selbe am Leben zu erhalten. Inzwischen warnen die BIZ-Analysten im Auftrag ihrer Strippenzieher, dass “wir beim nächsten Mal, wenn die Liquidität der Dollar-Finanzierung knapp wird”, eine enorme Krise bekommen könnten:

“Außerbilanzielle Dollar-Schulden können aus den Augen und aus dem Sinn bleiben – aber nur so lange, bis die Dollar-Finanzierungsliquidität das nächste Mal verknappt wird”, schreiben die Analysten. “Dann könnte die versteckte Verschuldung in den Portfolios von Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften . . eine politische Herausforderung darstellen”.

(“Off-balance-sheet dollar debt may remain out of sight and out of mind—but only until the next time dollar funding liquidity is squeezed” the analysts write. “Then, the hidden leverage in pension funds and insurance companies’ portfolios . . . could pose a policy challenge.”)

Dem BIZ-Bericht zufolge sind die Banken außerhalb der USA besonders gefährdet:

Für die Forscher der BIZ ist das schiere Ausmaß der Swaps besorgniserregend. Sie schätzen, dass Banken mit Hauptsitz außerhalb der USA 39 Billionen Dollar an diesen Schulden haben – mehr als das Doppelte ihrer bilanziellen Verpflichtungen und das Zehnfache ihres Kapitals. Nach den Rechnungslegungsvorschriften müssen Derivate nur auf Nettobasis verbucht werden, so dass das volle Ausmaß der involvierten Barmittel nicht in der Bilanz ausgewiesen wird.

“Es gibt ein schwindelerregendes Volumen an außerbilanziellen Dollar-Schulden, die teilweise verborgen sind, und die Abwicklung des Wechselkursrisikos bleibt hartnäckig hoch”, sagte Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung der BIZ.

(For researchers at the BIS, it’s the sheer scale of the swaps that’s worrying. They estimate that banks headquartered outside the US carry $39 trillion of this debt — more than double their on-balance sheet obligations and ten times their capital. Accounting conventions only require derivatives to be booked on a net basis, so the full extent of the cash involved isn’t recorded on a balance sheet.

“There is a staggering volume of off-balance sheet dollar debt that is partly hidden, and FX risk settlement remains stubbornly high,” said Borio, head of the monetary and economic department at the BIS.)

Wenn diese Derivateblase schließlich vom Establishment angestochen und damit implodieren darf, wird es nicht genug Geld auf der ganzen Welt geben, um diese Positionen zu bedienen.

Aber machen wir uns keine Sorgen. Die “Experten” sagen uns, dass alles in Ordnung ist. *Ironie aus*

Unterdessen planen immer mehr der ganz großen Unternehmen Entlassungen. Nach dem Kahlschlag bei Twitter und Facebook auch bei klassischen Konzernen. Dem Wall Street Journal zufolge gehört dazu sogar PepsiCo:

Das Wall Street Journal berichtet, dass PepsiCo Mitarbeiter in der Zentrale entlässt.

Eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte dem Journal, dass Hunderte von Arbeitsplätzen in der Zentrale der nordamerikanischen Snack- und Getränkesparten gestrichen werden sollen.

Betroffen sind Mitarbeiter in Purchase, N.Y., Chicago, Illinois und Plano, Texas.

(PepsiCo is reported laying off headquarter workers, The Wall Street Journal reports.

A person familiar with the matter told the Journal that hundreds of jobs are being cut in the head office of the North American snacks and beverages divisions.

Employees in Purchase, N.Y., Chicago, Ill. and Plano, Tex. are said to be impacted.)

Aber machen wir uns keine Sorgen. Die “Experten” sagen uns schließlich, dass alles in Ordnung ist.

Diese Woche haben auch einige der größten Namen in den US-Mainstream-Medien Entlassungen angekündigt:

Hunderte von Mitarbeitern der Medienbranche wurden diese Woche entlassen, während Warner Bros. Discovery, Gannett und andere angesichts der wirtschaftlichen Ungewissheit, die Nachrichtenorganisationen plagt, Personal abbauen mussten.

Gannett, ein Zeitungsmagnat, dem neben USA Today Dutzende von Lokalmedien gehören, begann am Donnerstag mit seiner jüngsten Entlassungsrunde. Von den Kostensenkungsmaßnahmen sind etwa 6% der rund 3.440 Mitarbeiter des Nachrichtenunternehmens betroffen.

(Hundreds of media industry staffers were laid off this week during a brutal period that saw Warner Bros. Discovery, Gannett and others slash headcount as economic uncertainty plagues news organizations.

Gannett, a newspaper juggernaut that owns dozens of local media outlets along with USA Today, began its latest round of layoffs on Thursday. The cost-cutting effort impacted roughly 6% of the company’s news workforce of about 3,440 employees.)

Ein Schelm, der dabei Böses denkt und das in Verbindung mit den “Qualitätsprodukten der Hochleistungspresse” insbesondere der letzten knapp 3 Jahre bringt.

Die Wahrheit ist natürlich, dass nicht alles in Ordnung ist. Die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern sich weltweit, und die Auswirkungen sind überall zu spüren.

Laut Fox Business bekommt sogar Las Vegas diesen Abwärtssog zu spüren:

Einem neuen Bericht zufolge fordert die Inflation ihren Tribut in Sin City, da weniger Touristen das Glücksspiel-Mekka besuchen und diejenigen, die es besuchen, weniger ausgeben als sonst.

Die Wirtschaftshochschule der Universität von Las Vegas veröffentlichte einen Bericht, der die wirtschaftlichen Aussichten der Stadt zwischen 2022 und 2024 prognostiziert, und stellte fest, dass sich die Wirtschaft im Juni dieses Jahres düster entwickelte, wie Fox 5 berichtet.

“Die Zinssätze sind gestiegen. Und wir wissen, dass wir wissen, dass auch die Preise steigen werden. Und das ist es, was die Fed versucht, in den Griff zu bekommen und zu lösen. Es kann also sein, dass sich die Politik der Fed nicht nur auf nationaler Ebene auswirkt, sondern auch auf unsere lokale Wirtschaft”, sagte einer der Autoren der Studie, Professor Stephen Miller, dem Sender.

(Inflation is taking its toll on Sin City as fewer tourists are visiting the gambling Mecca, and those who do spend less than usual, according to a new report.

The University of Las Vegas business school released a report forecasting the city’s economic outlook between 2022 and 2024 and noted that its economy turned grim in June of this year, according to Fox 5.

“Interest rates have gone up. And we know that we know that prices are going up as well. And that’s what the Fed is trying to get their hands around and solve. So it may be that the Fed’s policies is having an effect not only nationally, but it’s also affecting our economy locally,” one of the study’s authors, Professor Stephen Miller, told the outlet.)

Schon 2008 und 2009 waren schwierige Jahre für Las Vegas. Diejenigen, die in Sin City Geschäfte machen, müssen sich nun auf einen weiteren längeren Abschwung einstellen.

Die kurzfristigen Wirtschaftsaussichten sind so düster wie noch nie seitdem ich diesen Blog betreibe. Es ist sehr wahrscheinlich, dass 2023 ein wirklich hartes Jahr für die Weltwirtschaft wird, und das natürlich zu einer Zeit, in der der gesamte Globus von einer Krise nach der anderen heimgesucht wird.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, auf das Beste zu hoffen. Aber es ist auch weise, sich auf das Schlimmste vorzubereiten.

Quellen:
Could 65 Trillion Dollars In “Hidden” Derivatives Cause The Entire Global Financial System To Crash?
‘Huge, Missing and Growing:’ $65 Trillion in Dollar Debt Sparks Concern
‘Hidden’ Leverage Poses $65 Trillion Economic Challenge As Experts Worry What Could Trigger Next Market Collapse
Oil jumps after OPEC+ move, stocks fall, FTX’s Sam Bankman-Fried latest
Gannett, CNN, Washington Post make cuts in brutal week for media industry as hundreds lose jobs
Fewer tourists and less spending in Las Vegas as inflation takes its toll

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