Ein ganz gewöhnlicher Tag im Jahre 2022

6:00 Uhr

Pünktlich um 6:00 Uhr weckt mich GoogleAlarm mit den neuesten Nachrichten aus aller Welt.

Durch die Speicherung meines Surfverhaltens der letzten Tage hat mir Google eine kleine Auswahl an Meldungen an den Spiegel in meinem Badezimmer projiziert.

Peinlich ist nur, dass ich ganz vergessen habe, dass ich vorgestern eine verbotene Seite mit Hilfe eines Anonymisierungsdienstes angeschaut habe. Anscheinend war aber der Dienst dann wohl nicht ganz so anonym wie gedacht, da mir Google den Hinweis an den Spiegel wirft, dass ich vom Ministerium für Verbotene Schriften eine Strafzahlung über 100 Dolro aufgebrummt bekommen habe.

Bevor ich’s vergess, Dolro ist die 2017 eingeführte neue globale Währung, die damals aus einer Verschmelzung von Dollar und Euro entstanden ist. Grundlage war damals der Zusammenbruch der beiden Fiat-Währungen und die danach stattgefundene Enteignung aller Goldbesitzer, deren Gold als Unterlegung für den Dolro herhalten musste.

6:15 Uhr

Nach meinem ersten Frusterlebnis im Bad inkl. der Mahnung meiner Zahnbürste Teeth1000, dass morgen mein jährlicher Zahnarztbesuch ansteht (wer hat eigentlich diese verdammten Dinger onlinefähig gemacht?), will ich mir meinen ersten Kaffee des Tages gönnen.

Zu dumm nur, dass der Nachfolger der elektronischen Gesundheitskarte, der Healthchip von Novartis, meiner Kaffeemaschine übermittelt hat, dass mein Blutdruck über dem erlaubten Grenzwert liegt. Stattdessen muss ich mich mit dem von Monsanto entwickelten Sojafrühstücksshake begnügen. Schon der zweiten Tiefschlag an diesem morgen und ich bin gerade mal eine Viertelstunde wach.

Bevor ich mich auf dem Weg zu meinem Job als Überwachungskontrolleur für den Sektor 128 in der Berliner Innenstadt aufmache, logge ich mich noch schnell in mein Konto bei der Deutschen Sparkasse ein. Aktueller Kontostand 1.498,27 Dolro. Hatte ich gestern abend nicht noch 150 Dolro mehr auf dem Konto? Aha, 150 Dolro Strafzahlung wegen zu schnellem Fahrens durch das Amt für aktive Fahrsicherheit in Flensburg. Diese mistige Vernetzung von Navi-Gerät mit der Boardelektronik und der direkten Übertragung nach Flensburg! Als würde die automatische metergenaue Abrechnung der Straßenbenutzung nicht schon genug Einnahmen in die Staatskasse spülen.

7:45 Uhr

Nach einer 1 1/4 stündigen Fahrt bin ich endlich an meinem Arbeitsplatz angekommen. Die privatisierte Bahn hat einmal mehr ihren Rekord in Sachen Verspätungen für 25km einfache Fahrt gebrochen. Tja, als hätten die Warner damals 2015 bei der Privatisierung und dem Börsengang nicht davor gewarnt, dass dann englische Verhältnisse auf uns zukommen werden.

Egal, schließlich hat der us-amerikanische Hedgefonds von Jon Corzine durch den 60%-Anteil an der Bahn ordentlich Reibbach gemacht. Da spielt es dann auch keine Rolle, dass im Nachgang die Filetstücke Nah- und Güterverkehr unter etwas mysteriösen Umständen an die Carlyle Group unter dem CEO Mitt Romney gingen. Bedauerlicherweise hatte Romney dann 40% der Belegschaft gefeuert, um mehr Kosteneffizienz zu erreichen.

12:00 Uhr

Mittagspause. In meinem Job als Überwachungskontrolleur ist man 8 Stunden täglich unter Höchstspannung. Schließlich gewährleisten wir mit unserer Arbeit bzw. das Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit, dass die Gewaltdelikte annähernd wieder auf dem Niveau von vor der großen Krise des Jahres 2013 liegen.

So konnten wir die Zahl des sogenannten Public Garbaging, d.h. der Suche von Obdachlosen nach Essen und Unterschlupf, um 91% reduzieren. Da kann man schon einmal stolz auf die eigene Arbeit sein – auch wenn die Obdachlosen durch die 2.567 Kameras im Zentrum Berlins nur in die Randbezirke gedrängt worden sein dürften. Oder hatte der letztjährige Einsatz der Eurogendfor bei den Massendemonstrationen gegen die Brüsseler EU-Regierung auch etwas dazu beigetragen wie manche meiner Kollegen munkeln?

Auf meinem Apple-iPad der 17. Generation mit eingebauten Mood-Scanner und integriertem Content-Filter des CleanIT-Projekts lese ich beim Süddeutschen Spiegel, dass der Chef der GZB (Globale Zentralbank) Asmussen ein neues Stimulusprogramm Quantitative Easing XXII mit einem Volumen von 55 Billionen Dolro auf den Weg bringen will, um ein wahrscheinliches Triple-Dip der Dolro-Zone zumindest etwas abzufedern. Das bedeutet nichts gutes für meine Ersparnisse, deren Wert sich in den Jahren seit der Einführung des Dolro bzw. der Federführung durch die GZB halbiert hat. Dabei dachte ich immer, dass der Auftrag der Notenbanken Geldwertstabilität war.

Mein Mood-Scanner gibt mir zu verstehen, dass er aufgrund meines Gesichtsausdrucks, der abgeflachten elektrischen Leitfähigkeit meiner Handflächen und der Pupillenreflexe eine 99%ige Wahrscheinlichkeit von Niedergeschlagenheit ermittelt hat. Zur Stimmungsaufbesserung hat der elektronische Helfer von Apple direkt online bei DocMorris eine N20-Packung BetterDruff bestellt, die mir durch die Flugdrohnen der VKK (Vereinheitlichte Krankenkasse) bis zu meinem Feierabend nach Hause geliefert wird. Verdammte Axt…, durch die automatische Übermittlung meiner Stimmungsschwankung an meinem Lebensversicherer, ans Amt für aktive Fahrsicherheit in Flensburg und an meinen Arbeitgeber, kann ich mich auf eine Beitragserhöhung, auf ein 5-tägiges Fahrverbot und auf einen Eintrag in meine Personalakte gefasst machen. Missmutig würge ich die letzten Bisse meines Monsanto CornDogs aus BT-Mais hinunter und gehe zurück an meinen Arbeitsplatz.

17:00 Uhr

Endlich Feierabend. Nachdem ich nachmittags die Großdemonstration gegen die fortschreitende Verarmung und der zunehmenden Umverteilung von Fleissig zu Reich vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt – jetzt Landeskanzleramt des EU-Bundeslands Deutschland – überwacht und den Einsatz von fünf Drohnen bzw. 100 Mann der Berliner Polizei koordiniert habe, bekomme ich in der U-Bahn eine Mail meines Edelmetallhändlers auf meinen D-Mail-Account: Meine ehemaligen Goldbestände, die ich im Zuge der Einführung des Dolro abgeben musste, werden nachträglich mit einer Strafsteuer in Höhe von 50 Dolro je Unze belegt. Das System der Nachschuldner muss irgendwie am Leben erhalten werden, denke ich mir bei den Zeilen meines EM-Händlers und betrete frustriert die Filiale von Laldi, dem Fusionsunternehmen aus Aldi und Lidl.

Gedankenverloren kriege ich die neuen Preise auf den RFID-Regalen gar nicht mit, die automatisiert die Preise an die Kaufkraft des jeweiligen Kunden anpassen. Genauso gedankenverloren schiebe ich meinen Einkaufswagen durch die RFID-Kasse, bezahle mit der NearField-Karte der Deutschen Sparkasse und packe meinen Einkauf in die Transportboxen, die per Drohne an meine Haustüre geliefert werden. Waren das noch Zeiten als man mit Bargeld zahlen und so zumindest halbwegs anonym und ohne gläsernes Kundenprofil einkaufen konnte.

20:00 Uhr

Monsantos Basmati-Reis und die gentechnik verbesserten Hühnchenschenkel von DuPont machen mir schwer zu schaffen. Irgendwie war das Essen früher wohl doch gesünder – wenigstens hat es mich nicht auch zwei Stunden später noch beschäftigt. In der Tagesschau spricht der Sprecher gerade von neuen Aufständen im Iran, das nach 7-jähriger Besatzung durch die US- und NATO-Streitkräfte bzw. Israels auf den Stand des 19. Jahrhunderts zurück gebombt worden war.

Hatte der Krieg 2013 bis 2015 nicht schon genug Opfer gefordert, so wurde die iranische Bevölkerung durch die darauf folgende Besatzung weiter dezimiert – aber offen spricht niemand darüber, schon gar nicht unser Tagesschau-Sprecher, der die Aufständischen als Terroristen und Mörder tituliert. Gott sei Dank war es 2013 nicht zu einem 3. Weltkrieg gekommen als Israel im Alleingang, kurz nach der Wiederwahl und Inauguration von Barack Obama, den Iran angegriffen hatte. Zu dumm nur, dass danach die Ölpreise regelrecht explodierten und schlußendlich zum Zusammenbruch von Dollar und Euro bzw. zur Schaffung des Dolro führten.

Dieser Fakt wurde damals genauso wenig in den Mainstreammedien thematisiert, wie das fehlende Atomwaffenprogramm des Irans, das immer als Begründung für den preemptiven Krieg herhalten musste.

22:00 Uhr

Mein Tag neigt sich dem Ende zu und auch mein Healthchip schickt mich ins Bett, da meine Blutwerte zu hohe Levels an Cholesterin und Harnsäure aufweisen – und dabei stösst mir mein Abendessen immer noch säuerlich auf. Nicht gut – schon die zweite Meldung an die VKK an diesem Tag. Die Quittung sehe ich dann gleich morgen früh wieder, wenn ich wie jeden morgen mein Konto kontrolliere. Was für ein Leben…

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