Skip to content

Selbstfahrende Autos: Der nächste Schritt auf dem Weg zur vollständigen Kontrolle und ÜberwachungLesezeit: 5 Minuten

Jeder große Spieler im IT- und Automobilbereich will dabei sein. Und kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht mit den “Segnungen” der selbstfahrenden Autos per Politik und Hochleistungspresse konditioniert werden.

Dabei stellen sich nur die Wenigsten die Frage, in wie weit mit computergesteuerten und durch den Fahrer nur marginal beeinflussbaren Autos ein Eingriff in die Privatsphäre seiner Nutzer einhergeht. Kalkül?

Nicht nur in Europa und in den USA wird das Thema der selbstfahrenden Autos heiß diskuitiert. So werden derzeit weltweit gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, die die weitere Entwicklung in diesem Bereich beschleunigen und erleichtern sollen. Beispielsweise hat am 6. September der US-Kongress den sogenannten “Self Drive Act (SDA)” beschlossen, der die Verkehrssicherheit erhöhen und die Zahl der Verkehrstoten verringern soll. Stimmt auch der Senat diesem Gesetz zu, so verhindert dieses, dass die einzelnen US-Bundesstaaten weitere Gesetze erlassen können, die den SDA und die darin aufgeführten Technologien regulieren und ggf. “einbremsen” können. Unter anderem steht in diesem SDA, dass es Autoherstellern erlaubt ist, 100.000 (im ersten Jahr 25.000) selbstfahrende Autos pro Jahr einzusetzen, die nicht den normalen Sicherheitsstandards entsprechen.

Selbstfahrendes Auto von Google - Bildquelle: Wikipedia / Michael Shick, Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international

Selbstfahrendes Auto von Google – Bildquelle: Wikipedia / Michael Shick, Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international

Selbstfahrende Autos sind vereinfacht formuliert, der Versuch das Internet der Dinge (IdD) auf die Straße zu bringen. Ich weiß, dass dieser Vergleich hinkt, aber analog zum IdD scheint man sich nur wenig Gedanken über bestimmte Aspekte wie Sicherheit, Privatsphäre, Hacker oder ähnliches zu machen. Die selbstfahrenden Autos mit ihren zigfachen Sensoren, Kameras und Co.  werden fortlaufend irgendwelche Daten erfassen und in Bord- und Navigationssysteme einspeisen. Allein der Umfang und die Vielfalt der Daten (aktuelles Wetter, Verkehrsfluss, Geschwindigkeit, Ortsbestimmung, Datum/Zeit, Insassen, usw.) gibt Herstellern, Gesetzgebern und auch Hackern die Möglichkeit private Details des Besitzers/Fahrers sammeln zu können. Und dies beinhaltet logischerweise auch tägliche Routinefahrten, die unheimlich viel über eine Person aussagen können (Stichwort Metadaten).

Doch hier enden noch nicht die technischen Möglichkeiten wie David Lindsay von der Australian Privacy Foundation glaubt, der sich mit den unterschiedlichen Ideen der autonomen Fahrzeuge und der damit verbundenen Gefahren beschäftigt:

Es gibt kein einziges, einheitliches Design für autonome Fahrzeuge. Vielmehr ist es am besten, ein autonomes Fahrzeug als eine besondere Konfiguration einer Kombination von Anwendungen zu verstehen, von denen einige – wie z. B. adaptive Tempomaten, Spurabweichungs-, Kollisionsvermeidungs- und Parkassistenten – bereits Teil des aktuellen Fahrzeugdesigns sind.

(There is no single, uniform design for autonomous vehicles. Rather, it is best to understand an autonomous vehicle as a particular configuration of a combination of applications, some of which – such as adaptive cruise control, lane departure warnings, collision avoidance and parking assistance – are already part of current car design.)

Lindsay untersuchte dabei Konzepte von Google bis Mercedes-Benz oder Toyota. Dabei geht er auch auf das Szenario ein, dass personalisierte Werbung im selbstfahrenden Auto angezeigt wird oder dass das selbstfahrende Auto aufgrund der Suchhistorie und anderer bekannter Präferenzen (aus den sozialen Netzen stammend) eine Strecke wählt, die an bestimmten Geschäften vorbeiführt, so dass der Fahrer ggf. seinem “Konsumwunsch” nachkommen “muss”. Weiterhin thematisiert Lindsay das Problem, wer welches Recht auf welche erfassten Daten hat:

Eine Konsequenz aus der Reichweite von Sensoren und Datenerfassungsgeräten, die eingesetzt und miteinander verbunden sind, ist, dass unsere Offline-Aktivitäten Spuren mindestens so umfangreich hinterlassen können wie die, die online generiert werden. Zum Beispiel enthalten autonome Fahrzeuge oft Event-Recorder oder “Black-Boxen”, um wesentliche Informationen im Falle eines Unfalls zu liefern. Dies wirft Fragen auf, wer Rechte an diesen Daten hat und darüber, wer Zugriff auf die Daten haben kann.

(One consequence of the range of sensors and data collection devices being deployed (and interconnected) is that our offline activities can leave traces at least as extensive as those generated online. For instance, autonomous vehicles often incorporate event recorders, or “black boxes,” to provide essential information in the event of an accident. This raises questions about who has rights to this data and about who can have access to the data.)

Ähnlich wie Smartphones und das Internet per se wird man auch selbstfahrende Autos mit zahlreichen Vorteilen “verkaufs- und ‘Muss-ich-haben’-fördernd” im Markt platzieren – ohne dass auf Gefahren und Probleme hingewiesen werden wird. Man wird nicht auf das Problem der Überwachung und Kontrolle eingehen. Auf die Nachvollziehbarkeit der Fahrten. Auf die erstellten Bewegungsprofile. Oder darauf, dass aufgrund der Interessen der Anbieter und des Billionenmarktes dahinter, Geschäftsverbindungen entstehen werden, die mit dem Autofahren an sich nichts mehr zu tun haben werden. Das heißt konkret, dass Geschäftsverbindungen und -interessen vorgeben werden, welche Entscheidungen der “Fahralgorithmus” treffen wird: nicht mehr der kürzeste Weg muss dann der beste sein, sondern der, der den meisten Umsatz generieren kann. Das mag heute noch wie Science-Fiction klingen. Aber wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, wie viel sind wir bereit von unserem Leben und unserer Privatsphäre preiszugeben, um vermeintliche Sicherheit und Komfort zu bekommen. Und in wie weit sind wir bereit uns einem “angeblich allwissenden Algorithmus” anzuvertrauen, der Entscheidungen für uns treffen wird. David Lindsay bringt es dabei auf den Punkt:

Je mehr Menschen an Entscheidungen, die für sie getroffen werden, gewohnt sind, desto weniger können sie ihre eigenen Entscheidungen treffen.

(The more people are habituated to decisions being made for them, the less likely they may be to make their own decisions.)

Doch es bleibt zu befürchten, dass nur wenige diese Gefahren erkennen und sich dagegen stellen werden – wie immer…

Quellen:
The Self-Driving Vehicle Future Will Be The End of Privacy
House Legislation on Self-Driving Cars Checks Boxes on Key Senators’ Wish List
House passes bill paving the way for driverless cars
Self-Driving Car Riders’ Privacy ‘Unsafe at Any Speed’ in New House Legislation
Poorly anonymized logs reveal NYC cab drivers’ detailed whereabouts
Self-driving cars: a spy on every street?
How Self-Driving Cars Will Threaten Privacy

Beitrag teilen:

Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
www.konjunktion.info unterstützen:

Das könnte Sie auch interessieren …

6 Antworten

    Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentare lesen zu können.
Skip to content